28. Juni 2023 / Aus aller Welt

Phlegräische Felder in Italien: Sorge um Europas Supervulkan

Die Erdkruste über den Phlegräischen Feldern in Italien wird immer schwächer. Ein Ausbruch von Europas größten aktiven Supervulkan hätte verheerende Folgen - nicht nur für die unmittelbare Umgebung.

Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen eine dicke Kruste aufbrechen - genau das passiert zurzeit unter den Phlegräischen Feldern.

Auf den ersten Blick sehen sie unscheinbar aus. Die Phlegräischen Felder, ein Gebiet in Süditalien mit hoher vulkanischer Aktivität, sind vergleichsweise flach und wirken kaum bedrohlich. Doch unter der Erdoberfläche am Golf von Neapel schlummert ein riesiger Vulkan - ein Supervulkan sogar.

Italien ist bekannt für seine Vulkane. Die bekanntesten - Ätna auf Sizilien und der Vesuv unweit von Neapel - halten das Mittelmeerland bereits auf Trab. Doch Forscher sorgen sich derzeit um die Phlegräischen Felder (Italienisch: Campi Flegrei) und das Magma in der Tiefe. Denn die Erdkruste über dem Vulkanriesen wird immer schwächer.

Anzeichen des Ausbruchs

Spätestens seit einer neuen Studie von Forschern des University College London (UCL) und des italienischen Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) stehen die «brennenden Felder» und die möglichen Auswirkungen eines Ausbruchs des Supervulkans im Fokus. Denn den Ergebnissen der Vulkanologen zufolge wird die Erdoberfläche der Felder schwächer und anfälliger für Risse.

Supervulkane zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer aus. Anders als normale Vulkane, brechen sie nicht nur aus, sondern explodieren regelrecht. Statt eines Vulkankegels, also Berges, hinterlassen sie nach einem Ausbruch einen riesigen Krater. Dieser wird als Caldera bezeichnet.

Die Caldera der Phlegräischen Felder durchläuft den Forschern zufolge zurzeit den Übergang von einer «elastischen» zu einer «unelastischen» Phase. Die Fachleute haben in der Tiefe Bewegungen ermittelt, die auf aufsteigendes Gas hindeuten. Dies äußert sich in Hebungen und Senkungen, die zu Brüchen in der Kruste führen können.

Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen die in den Jahren der Ruhe gewachsene dicke Kruste zunächst aufbrechen, um das Magma ausstoßen zu können. Einem solchen Bruch gehen eben dieses wiederholte Heben und Senken sowie vulkanische Beben voraus. Genau das passiert den Forschern zufolge zurzeit unter den Phlegräischen Feldern. Ein solcher Bruch würde zur Eruption führen.

Das etwa 150 Quadratkilometer große Areal in der Nähe von Neapel und an der Mittelmeerküste gelegen, bereitet Forschern nun schon seit geraumer Zeit mehr oder weniger Sorgen. Die Phlegräischen Felder befinden sich recht nah an ihrem bekannten Nachbarn - dem Vesuv. Die Felder zeichnen sich durch ein seit über 80.000 Jahren aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren aus.

Auf den ersten Blick unauffällig sind aus der Luft die zahlreichen Explosionskrater zu sehen. Fumarole, also vulkanische Dampfaustrittsstelle, sowie Thermalquellen lassen darauf schließen, dass es unter der Erde rumort.

Ausbruch nicht final sicher

Die Sorge vor einem Ausbruch ist deshalb groß, da die Auswirkungen verheerend sein könnten - und das nicht nur für die unmittelbare Umgebung. Bei einem Ausbruch vor rund 40.000 Jahren wurde etwa eine enorme Menge an Asche in die Atmosphäre geschleudert, die das Klima nicht nur regional, sondern auch weltweit massiv beeinflusste. Dann erneut vor 15.000 Jahren. Der letzte Ausbruch ereignete sich 1538.

Seit 70 Jahren rumort es nun wieder unter der Erde. Zehntausende kleine Erdbeben erschütterten in dieser Zeit das Gebiet. Allein im Mai diesen Jahres gab es INGV-Daten zufolge 661 Erdbeben. Wenn auch schwach, 633 davon mit einer Stärke von unter 1,0, tragen sie zur Instabilität bei. Seit nun elf Jahren gilt für das Gebiet die vom Zivilschutz ausgerufene Alarmstufe gelb, die zur Vorsicht aufruft.

Trotz der Sorge vor einem Ausbruch ist es jedoch auch möglich, dass sich die Aktivitäten der Phlegräischen Felder wieder einpegeln - oder gar völlig zur Ruhe kommen. Oder aber es kommt zu einer «abgebrochenen Eruption»:

In einer weiteren Studie des INGV wird klar, dass es in der Vergangenheit zu Eruptionen kam, bei denen ein Magmatransfer zwischen einer Quelle tief in der Erde und einer Öffnung stattfand - das Magma allerdings nie die Erdoberfläche erreichte. Und auch bei dem letzten großen Ausbruch von 1538 sei etwa nur ein Hundertstel der Magmamenge ausgebrochen, die sich in den Jahrhunderten davor unter dem Vulkan angesammelt hatte.

Zwar seien die Phlegräischen Felder zurzeit ausbruchsanfälliger - eine Eruption sei deshalb jedoch nicht garantiert. Die Zahl der Erdbeben geringer Stärke habe zwar zugenommen. Der Leiter des INGV-Observatoriums in Neapel, Mauro di Vito, der nicht an der UCL-Studie beteiligt war, gibt sich jedoch einigermaßen gelassen: «Derzeit haben wir keine Anzeichen für aufsteigendes Magma.»

Trotzdem sei erhöhte Aufmerksamkeit geboten, sagte er. Denn die Vergangenheit habe gezeigt, dass Ausbrüche in den Phlegräischen Feldern kräftig und explosiv ausfallen können. «Wir können noch nicht mit Sicherheit sagen, was passieren wird», betont auch Stefano Carlino, ein Autor der UCL-Studie. «Wichtig ist, dass wir auf alle Entwicklungen vorbereitet sind.»


Bildnachweis: © Lena Klimkeit/dpa
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