19. Februar 2023 / Aus aller Welt

Syrien: UN-Hilfe hat noch nicht alle Erdbebenopfer erreicht

Vor fast zwei Wochen erschütterte das verheerende Erdbeben den Nordwesten Syriens. Die politische Lage in dem Bürgerkriegsland erschwert die humanitäre Hilfe jedoch. Deutschland sichert indes weitere Millionenhilfen zu.

Nach UN-Angaben sind derzeit rund 40.000 Haushalte in Syrien ohne Obdach.

Fast zwei Wochen nach den schweren Erdbeben haben im Nordwesten Syriens noch immer nicht alle Menschen Nothilfe erhalten. «Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen», sagte der für Syrien zuständige UN-Nothilfekoordinator Muhannad Hadi der Deutschen Presse-Agentur. Bislang seien beispielsweise etwa 60.000 Menschen mit Wasser und rund 13.000 Erdbebenopfer mit Zelten versorgt worden. Nach UN-Angaben sind derzeit aber rund 40.000 Haushalte ohne Obdach.

Sollte die nötige Finanzierung, die die UN allein für Syrien mit 400 Millionen Dollar veranschlagt, nicht zustandekommen, könne auch künftig nicht allen geholfen werden, warnt Hadi.

Noch immer kommen demnach auch keine Hilfen aus den Regierungsgebieten in die von Rebellen kontrollierten Erdbebenregionen. Die UN will Hilfen eigentlich verstärkt auch über die inländischen Grenzen der Konfliktparteien in den von den Beben schwer getroffenen Nordwesten des Landes fließen lassen. «Wir waren noch nicht in der Lage das umzusetzen», räumt der Nothilfekoordinator ein. Die Transporte der UN für die Rebellengebiete kommen demnach bislang ausschließlich über die Türkei. Syrien ist nach Jahren des Bürgerkriegs zersplittert in Gebiete unter verschiedener Kontrolle. Das erschwert die humanitäre Hilfe nach der Katastrophe deutlich.

8,8 Millionen Menschen in Syrien betroffen

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in Syrien 8,8 Millionen Menschen von den Folgen der Erdbebenkatastrophe betroffen. «Die Mehrheit von ihnen benötigt voraussichtlich irgendeine Form von humanitärer Unterstützung», schrieb die stellvertretende UN-Syrienbeauftragte Najat Rochdi bei Twitter. Die UN seien voll der Aufgabe verpflichtet, mehr zur Hilfe aller Syrer zu unternehmen.

In Syrien war die Lage für viele Menschen schon vor den Beben verheerend. Bombardements und Kämpfe im jahrelangen Bürgerkrieg, eine schwere Wirtschaftskrise und eine oft kaum vorhandene öffentliche Versorgung haben das Land zu einem Brennpunkt für humanitäre Helfer werden lassen. Laut UN benötigten schon vor den Erdbeben mehr als 15 Millionen Menschen irgendeine Form von Hilfe.

Aktivisten und Helfer in den Rebellengebieten im Nordwesten Syriens hatten in den Tagen nach den Beben vom 6. Februar mangelnde Hilfe der UN beklagt. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hatte während eines Besuchs in der Region dann Versäumnisse bei der Hilfe für die Opfer im Nordwesten eingeräumt. Beobachter sahen dabei auch bürokratische Hürden der UN, deren Güter angesichts kaputter Straßen mit kleineren Fahrzeugen schneller hätten eintreffen können als mit den üblichen großen Lastwagen.

Bisher fuhren seit der Katastrophe mehr als 140 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern aus der Türkei in den von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens.

Bundesregierung stockt Hilfe auf

Die UN fürchten derweil zudem Gewalt gegen Frauen und Kinder, die derzeit im Freien schlafen oder in Notunterkünften keinen sicheren Zugang zu Toiletten haben. Hadi warnt, dass der Schutz für diese vulnerablen Gruppen in Nordwestsyrien dringend ausgebaut werden müsse. Etliche Kinder hätten ihre Angehörigen verloren.

Die Bundesregierung hat den Erdbebenopfern in Syrien unterdessen weitere Hilfen in Millionenhöhe zugesichert. «Auch wenn das Assad-Regime den Hilfsorganisationen einen Stein nach dem anderen in den Weg legt: Wir lassen die Menschen dort nicht allein», sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der «Bild am Sonntag». Es gehe um Mütter, Kinder und Großeltern, die seit über zehn Jahren Krieg erleben, teils mehrmals flüchten mussten und nun ihre Liebsten unter den Trümmern betrauern. «Ihnen fehlt jetzt selbst das Allernötigste zum Überleben: ein Dach über dem Kopf, sauberes Trinkwasser, etwas zu Essen und Medikamente. Deshalb erhöhen wir noch einmal unsere Hilfe für die Region um über 22 Millionen Euro.»


Bildnachweis: © Anas Alkharboutli/dpa
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